Ferkel Viktoria sprang am 08.03.2017 vom Viehtransporter am Elbtunnel und darf jetzt leben!

Ferkel Viktoria
Quelle: Hamburger Tierschutzverein von 1841 e. V.

Ferkel Viktoria darf leben – Sieg für den Tierschutz!

Ferkel Viktoria ist dem sicheren Tod auf dem Schlachthof wortwörtlich von der Schippe gesprungen. Sie fiel am vergangenen Mittwochnachmittag kurz hinterm Elbtunnel von einem Viehtransporter und machte dann alles richtig: Viktoria wanderte vorsichtig am Straßenrand Richtung Ausgang, wo sie sich von Polizeibeamten einfangen ließ. Jetzt hat das mutige Ferkel ein gutes Leben vor sich.

Der Lkw war Richtung Niedersachsen unterwegs. Viktoria trägt eine dänische Ohrmarke und ist etwa zwei bis drei Monate alt. Vermutlich wurde sie in Dänemark aufgezogen und sollte nun zur Endmast. Dieser Weg – und damit auch der baldige Tod – bleibt ihr nunmehr erspart. Unsere Tierrettung holte das Ferkel von der Polizeiwache ab und brachte es ins Tierheim des Hamburger Tierschutzvereins.

Nachdem der Viehhandel zunächst Eigentumsansprüche gestellt hatte, nahm unsere Tierschutzberatung Kontakt mit dem in Niedersachsen ansässigen Betrieb auf. Wir machten deutlich, dass Viktoria nun, da sie den Boden des Tierheims betreten habe, unter unserem besonderen Schutz stehe. Der Tierhändler zeigte sich daraufhin dankenswerterweise kooperativ und übereignete das Ferkel dem HTV. „Wir können nicht alle Tiere retten, aber wir beschützen all diejenigen, die in unsere Obhut kommen“, macht Sandra Gulla, 1. Vorsitzende des HTV, unsere Tierschutz-Philosophie deutlich. Das zuständige Veterinäramt in Niedersachsen wurde ferner gebeten, die Transportbedingungen des Händlers zu überprüfen.

Im sicheren Tierheim angekommen, wurde Viktoria sofort erstversorgt: Leider lahmt das Schweinemädchen, vielleicht hat sie sich bei ihrem „Sprung in die Freiheit“ verletzt. Genauere Untersuchungen stehen noch aus; wir wollen Viktoria erst einmal gut ankommen lassen. Ihr Körper weist unzählige Schrammen und Schürfwunden auf, die sie sich schon in der unerträglichen Enge des Ferkelstalls und auf dem Transporter zugezogen hat. Ihr Schwanz ist – wie in der industriellen Tierhaltung üblich – kupiert. Doch das Wichtigste ist: Viktoria darf leben! Sie ist neugierig, schnüffelt im Stroh und verspeist am liebsten Bananen und Weintrauben. Nur ihre Artgenossen vermisst sie. Wir werden sie etwas beschäftigen, damit ihr nicht zu langweilig wird.

Ferkel Viktoria hat ihren persönlichen Sieg errungen. Doch Millionen ihrer Artgenossen stehen von Geburt an auf der Verliererseite: 59,2 Millionen Schweine wurden 2015 in Deutschland geschlachtet. Welchem Schicksal ist Viktoria entgangen?

Die junge Ferkeldame war vermutlich zur Mast vorgesehen. 14 Prozent der Ferkel in der industriellen Tierhaltung erreichen nicht einmal Viktorias Alter, da sie vorher zum Beispiel an Infektionen sterben. Die Überlebenden werden in Deutschland innerhalb von sechs bis sieben Monaten intensiv auf ein Endgewicht von 110 bis 125 Kilogramm gemästet und noch im Jugendalter geschlachtet – normalerweise sind Schweine erst mit drei bis vier Jahren ausgewachsen.

Etwa die Hälfte aller Mastschweine lebt in Betrieben mit 1.000 bis über 5.000 Schweinen. Die Tiere haben weniger als einen Quadratmeter zum Leben, Essen und Schlafen. Die klugen Tiere leiden unfassbar unter der räumlichen Enge, den hohen Besatzdichten und der reizarmen Umgebung. Daraus resultieren oftmals körperliche Leiden, wie zum Beispiel Klauenverletzungen, Hautschäden, Atemwegserkrankungen (durch Schadgasemissionen in der Gülle, auf der sie stehen) oder Magengeschwüre – verursacht durch das Mastfutter. Die Belastungen der Intensivmast wiegen teilweise so schwer, dass die Tiere an Herzversagen sterben. Wenn sie das gewünschte Mastgewicht lebend erreichen, steht ihnen der gewaltsame Tod durch Schlachtung bevor. Die Tiere werden unter Todesangst mit einer 90-prozentigen Kohlenmonoxid-Konzentration oder mit einer Elektrozange betäubt. Häufig kommt es zu Fehlbetäubungen, das heißt, dass die Tiere bei der anschließenden Entblutung teilweise bei Bewusstsein sind. In den Schlachthöfen herrscht großer Zeitdruck, sodass manche Tiere schon weiterverarbeitet werden, bevor sie vollständig ausgeblutet sind. Sie werden ins Brühbad geschoben, was der Enthaarung dienen soll. Schätzungsweise werden ein Prozent der Tiere bei lebendigem Leib verbrüht.

Viktoria wird zum Glück nichts von alldem, was leider für ihre Artgenossen „normal“ ist, durchmachen müssen. Wir werden alles dafür tun, ihr ein selbstbestimmtes, artgerechtes Schweineleben in einer Rotte zu ermöglichen.

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Bild & Text: Hamburger Tierschutzverein von 1841 e. V.

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