Offener Brief von Dr. Gerd Gies, Vorsitzender des Bundesverband Tierschutz e.V., an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner
Offener Brief Bundesverband Tierschutz e.V. an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner
Sehr geehrte Frau Ministerin,
ich appelliere inständig an Sie, den erneuten Vorfall einer während der Zirkusvorstellung in den Zuschauerbereich gestürzten Elefantin endgültig zum Anlass zu nehmen, das seit 2003 in der Warteschleife befindliche Wildtierverbot im Zirkus auf den Weg zu bringen.
Am Mittwoch (4. Juli) wurde eine Elefantendame von ihren Artgenossen während der Premierenfeier von Zirkus Krone in Osnabrück zu Fall gebracht, das Tier stürzte in den Zuschauerraum und verletzte einen Zuschauer. Wenn es auch keine schwerwiegenden Verletzungen für Mensch und Tier bei diesem – laut Fachleuten durch Rangordnungsschwierigkeiten ausgelösten – Angriff gab, zeigt der Zwischenfall wieder einmal: Wildtiere, ob Elefanten, Nashörner, Tiger oder Löwen, können niemals artgerecht in einem Zirkus leben, selbst wenn die Dompteure Gegenteiliges versichern. Alle elementaren Bedürfnisse werden auf das Gröbste beschränkt, die fundierten Ausführungen von Wissenschaftlern zu diesem Thema dürften Ihnen bekannt sein.
Ziehen Sie endlich die Konsequenzen aus diesen Vorfällen, die nicht nur Zirkus Krone betreffen, sondern alle Zirkusunternehmen, die mit Wildtieren durch Deutschland touren. Immer mehr EU-Mitgliedsländer und außereuropäische Staaten haben inzwischen Wildtierverbote erlassen oder beschränken die mitzuführenden Tierarten im Zirkus massiv. Setzen Sie in Ihrer Amtszeit ein Zeichen, und folgen Sie dem Wunsch der Bürger, die auch Ihre Wähler sind.
Zahlreiche Umfragen belegen, dass die Deutschen das Mitführen von Elefant & Co im Zirkus aus Tierschutzgründen schon lange ablehnen – wann handeln Sie danach und setzen die entsprechenden Bundesratsinitiativen von 2003, 2011 und 2016 um?
Wir als Bundesverband Tierschutz e.V. möchten – abgesehen von den erschütternd widernatürlichen (!) Lebensumständen für Wildtiere im Zirkus – gleichfalls darauf hinweisen, dass es in den vergangenen Jahren mehrere Zwischenfälle mit Wildtieren gab, die auch tödliche Folgen für Unbeteiligte hätten haben können. Muss es erst soweit kommen, damit aus Berlin Grünes Licht für das überfällige Wildtierverbot gegeben wird?
Ihre Vorgänger im Amt habe alle weggeschaut, wenn es um das fortgesetzte Leid, das armselige und jämmerliche Leben von Wildtieren im Zirkus ging. Tun Sie das nicht, lassen Sie nicht weiter zu, dass Wildtiere Jahr um Jahr in Käfigwagen reisen, Bewegungseinschränkungen erdulden, sich Dressurakten unterziehen müssen, die im besten Fall fremd, im schlimmsten Fall grausam sind.
Bitte helfen Sie, bitte handeln Sie.
Das ist mein Wunsch an Sie als Vorsitzender des Bundesverband Tierschutz e.V.
Dr. Gerd Gies
1. Vorsitzender Bundesverband Tierschutz e.V.
Ministerpräsident a.D.
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Bild & Text: Bundesverband Tierschutz e.V.