Heilpraktiker-Rausch in Handeloh – Anklage gegen Heilpraktikerin und Psychotherapeuten aus Aachen

Heilpraktiker-Rausch in Handeloh

Handeloh – Heilpraktiker-Rausch in Handeloh – Anklage gegen Heilpraktikerin und Psychotherapeuten aus Aachen

Stade / Heilpraktiker-Rausch in Handeloh: Die Staatsanwaltschaft Stade hat am 15.11.2016 gegen eine 49-jährige Heilpraktikerin aus Aachen und deren 51-jährigen Ehemann – ein Diplom-Psychologe und Psychotherapeut mit einer Praxis in Aachen – Anklage vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Stade erhoben.

Den Angeschuldigten wird u.a. Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen. Laut Anklageschrift hätten die beiden Angeschuldigten ab dem 03.09.2015 in einer Tagungsstätte in Handeloh gemeinsam ein Seminar für 27 Teilnehmer abgehalten, in dem die „persönliche Selbsterfahrung“ und die „Förderung der Bewusstseinsentwicklung“ thematisiert worden sei. In diesem Zusammenhang sollen die Angeschuldigten verschiedene Betäubungsmittel – darunter die bewusstseinserweiternde Droge 2C-E – zwecks Durchführung einer Psycholyse für das Seminar vorgehalten und schließlich an die Teilnehmer zur Einnahme verteilt haben. Infolge der Einnahme der Betäubungsmittel mussten die 27 Seminarteilnehmer mit zum Teil lebensbedrohlichen Zuständen am 04.09.2015 in umliegende Krankenhäuser verbracht werden, nachdem sie zuvor unter Krampfanfällen, Atemnot, Bewusstlosigkeit und Halluzinationen litten.

„Da es sich bei den Angeschuldigten um Personen handelt, die keine Erlaubnis zur Abgabe und zum Einsatz der verwendeten Substanzen – auch nicht unter therapeutischen Gesichtspunkten – besitzen, haben sie sich neben dem Vorwurf des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch wegen unerlaubtem Überlassen von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch zu verantworten“, sagte der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stade, Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas.

Das Verfahren gegen zwei Seminarteilnehmer wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, welche die 51 und 49 Jahre alten Angeschuldigten bei der Ausrichtung des Seminars unterstützt haben, ist nach § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden. Ihnen konnte nicht hinreichend sicher nachgewiesen werden, dass sie bei Vornahme ihrer Hilfsleistungen für die Seminarveranstalter auch Kenntnis davon hatten, dass auf dem Verfahrensgegenständlichen Seminar eine Überlassung von Betäubungsmitteln an die Teilnehmer erfolgen sollte.

Die Staatsanwaltschaft hat bei den jeweiligen Seminarteilnehmern zum Zeitpunkt der Einnahme der bewusstseinserweiternden Drogen eine sogenannte eigenverantwortliche Selbstgefährdung“ angenommen, wodurch der ursprünglich in Rede stehende Vorwurf einer strafbewehrten Körperverletzung gegen die Angeschuldigten letztlich entfiel.

Mit der nunmehr erhobenen Anklage strebt die Staatsanwaltschaft neben einer Verurteilung der zwei Angeschuldigten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zudem einen Verfall von Wertersatz in Höhe der von den Angeschuldigten vereinnahmten (Netto-)Honorare für das Seminar in Höhe von ca. 7.000,00 Euro an. Insoweit wurde bereits im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Stade Bargeld in Höhe von ca. 3.500,00 Euro, welches den Angeschuldigten zuzurechnen sein dürfte, gesichert.

Der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gilt als Verbrechenstatbestand und ist mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bis zu 15 Jahren bedroht. Daneben könnte die Angeschuldigten im Falle ihrer Verurteilung die Verhängung eines Berufsverbots erwarten.

Die Staatsanwaltschaft Stade hat den besonderen Umfang und die besondere Bedeutung des Falls angenommen, weshalb die Anklage vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Stade erfolgte. Hintergrund sind u.a. die Vielzahl von Zeugen, die möglicherweise zu vernehmen sind, die große Anzahl an verletzten Personen sowie das große Interesse der Medien und der Öffentlichkeit an dem Vorfall in Handeloh.

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens und den Beginn einer etwaigen Hauptverhandlung muss nun die Große Strafkammer des Landgerichts Stade entscheiden.

 

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Text: Jan Krüger – Polizeiinspektion Harburg

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